Hallo, mein Name ist Marie Machacek, ich bin 21 Jahre alt und komme aus München. Nach meinem Abitur habe ich angefangen in einer kieferorthopädischen Praxis zu arbeiten und Zahnmedizin zu studieren. Nach einem Semester - also relativ schnell - habe ich allerdings gemerkt, dass mich das Studium und auch die Arbeit nicht zu 100% erfüllen. Somit habe ich mich dazu entschieden, das Studium zu beenden und erstmal ein verspätetes Gap Year einzulegen.
Durch einen Freund meiner Mutter bin ich auf Steffi und Thomas Curry und deren tolle Projekte am Kap aufmerksam geworden. Nachdem ich auf deren Website Lebenslinien e.V. einige Berichte über ihre Arbeit und Nelsons Zusammenfassungen von seinem Aufenthalt gelesen habe, stand für mich fest, dass ich auch super gerne als Volunteer im Eagle's Nest leben und arbeiten möchte.
Zusammen mit Steffi habe ich mir dann überlegt mit welchem Projekt ich mich am Besten im “Day and Aftercare Center“ einbringen kann und welches den größten Nutzen hat. Schnell sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass ein Zahnputzprojekt eine gute Idee wäre, da viele beziehungsweise die meisten der Kinder sich zuhause nicht die Zähne putzen und somit schon in jungen Jahren von schlechten Zähnen und Karies betroffen sind. Nachdem alles Organisatorische geklärt war, ging alles super schnell und ich befand mich bereits im Anflug auf Kapstadt. Dort wurde ich von Thomas und Steffi herzlich in Empfang genommen und nach Grabouw zu Maria und Selwyn begleitet. Bereits auf der einstündigen Fahrt zum Eagle's Nest wurde deutlich, wie groß die Kluft zwischen Arm und Reich in Süd Afrika ist.
Auf der einen Seite sieht man riesige Anwesen und Villen und auf der anderen Seite verarmte Townships, wie z.B. Khayelitsha. Dieses Phänomen kann man auch in Grabouw beobachten, denn je näher man zum Eagle's Nest kommt, desto kleiner, bescheidener und herunter gekommen werden die Häuser. Eagle's Nest wirkt dazwischen wie eine behütete Oase, was es definitiv auch ist. Als ich Eagle's Nest zum ersten Mal betreten habe, war ich erstaunt, wie schön und liebevoll alles gestaltet wurde und habe mich direkt wohl und gut aufgehoben gefühlt.
Die Kindergartenkinder waren super offen, verspielt und ohne jegliche Berührungsängste – sie haben sich meinen Koffer geschnappt, sich darauf gesetzt und sich gegenseitig herumgeschoben und dabei jede Menge Spaß gehabt. Bei meiner kleinen Rundführung durch den Kindergarten konnte ich sehen, wie viel Liebe in diesem Herzensprojekt steckt. Alle Lehrerinnen, Stina, Priscilla, Mikayla und Jamie brennen förmlich für ihren Job und legen jeden stets so viel Leidenschaft, Motivation und Freude an den Tag, dass man sofort Lust bekommt mitzumachen.
Und natürlich meine Gasteltern Maria und Selwyn, die jeden Tag unglaublich viel leisten, um den Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ich habe mich von Anfang an super wohl bei Maria und Selwyn und deren vier Kindern gefühlt. Und auch mit deren Familien, die am Wochenende oft zum gemeinsamen Essen gekommen sind, habe ich mich gut verstanden. Maria hat sich mit ihrem super leckeren südafrikanischen Essen ab Tag 1 in mein Herz gekocht. Jetzt wo ich zurück in Deutschland bin vermisse ich sehnlichst die herrlichen Reisgerichte, wie Biryani oder das klassische Braai. Um die Familie zu unterstützen, habe ich zwei Mal die Woche für sie gekocht, was auf jeden Fall zu vielen lustigen Momenten geführt hat, da der Gasherd und ich nicht die besten Freunde sind.
Als es an der Zeit war mit meinem Zahnputzprojekt zu starten, habe ich zu allererst alle Zahnbürsten mit den Namen der Kinder beschriftet. Jedes Kind hat eine neue Zahnbürste erhalten und einen Becher. Gestartet haben wir mit den jüngsten Kindern (3-4 Jahre), in der zweiten Woche kam die 2te Klasse dazu (4-5 Jahre) und zum Schluss die ältesten Kinder (5-6 Jahre). Viele der Kinder haben die Technik des Zähneputzens bereits gut beherrscht und bei denjenigen, die noch Hilfe benötigt haben, konnten wir durch Unterstützung bei der Ausführung die Bewegungen gut vermitteln. Bei der Umsetzung haben mir die Lehrerinnen so gut geholfen, dass die Sprachbarriere zum Glück zu keinem Problem wurde. Dazu kommt, dass die Kindergartenkinder mehr als motiviert waren und immer gerne ihre Zähne geputzt haben. Neben meinem Projekt habe ich oft im Kindergarten bei den täglichen Aufgaben, wie der Essensvergabe oder beim Aufräumen der Klassenzimmer mitgeholfen.
Auch während des Unterrichts habe ich öfters eine der Lehrerinnen bei ihrem Unterricht oder dem täglichen Projekt, wie z.B. dem Backen oder Basteln unterstützt Die Arbeit mit den Kindern und dem gesamtem Team hat mir unglaublich viel Freude bereitet und ist wie im Flug vergangen. Die Zeit hat mich unglaublich geprägt und mein eigenes Verhalten bezüglich den Themen,
Rassismus, Diskriminierung und Gleichberechtigung noch einmal mehr sensibilisiert. Vor allem durch zahlreiche Gespräche mit Maria, Selwyn und den Lehrerinnen. Durch ihre jeweiligen Geschichten geprägt von traumatischen rassistischen Erfahrungen und ihrem Leben unter dem Apartheidregime wurde mir eine neue Perspektive vermittelt, wodurch ich mein eigenes Wissen nochmal hinterfragt habe. Trotz ihrer negativen Erfahrungen mit Weißen haben sie mich herzlich in ihre Familie und ihr Zuhause aufgenommen. Dadurch konnte ich in ihre Kultur und Community eintauchen.
Auch durch einen kleinen Rundgang zu Fuß durch Grabouw wurden mir die Post-Apartheid Situation und Verhältnisse deutlich gemacht. Neben vielen Geschichten, die sie mir erzählt haben und vielen gestellten Fragen meinerseits, die alle ausführlich beantwortet wurden, haben wir, Maria, Selwyn und ihre Kinder einen Ausflug nach Robben Island gemacht. Diese Erfahrung war sehr lehrreich und emotional für uns alle und hat uns nochmal enger zusammen geschweißt. Ich bewundere Maria und Selwyn zutiefst für die Arbeit, die sie leisten und ihre tiefe Liebe für die Kinder, für die sie all das machen. Aber nicht nur für die Kinder, sondern für die ganze Community. Wie mit dem bevorstehenden Bau des Gemeindezentrums. Ich bin mir mehr als sicher, dass auch dieses zu einer Wohlfühloase für die gesamte Community wird und viele davon profitieren werden.
Ich bin der ganzen Eagle's Nest Familie, Maria und Selwyn, Steffi und Thomas und dem gesamtem Team unendlich dankbar für diese tolle Erfahrung. Ich habe unglaublich viel dazu gelernt und bin an mir gewachsen. Ich habe die Leute in mein Herz geschlossen und freue mich jetzt schon darauf sie wiederzusehen und natürlich auch darauf, dann das Community Center zu sehen.
Dankie vir die lekker tyd
Eure Marie