April 2022: Drei Monate Süd Afrika - Eine unvergessliche Zeit

     Nach seinen beeindruckenden drei Monaten in Eagel's Nest hat uns Nelson eine kleine Zusammenfassung geschrieben, die wir gerne mit Euch teilen wollen.

    Nelson Good Bye 4

    A Whitey in Grabouw

    Meine letzte Woche in Süd Afrika ist angebrochen und bald geht es für mich zurück nach Deutschland. Rückblickend sind die vergangenen 3 Monate wie im Flug vorbeigezogen. Ich habe tausende schöne, erstaunliche und lehrreiche Erfahrungen gesammelt. Definitiv bin ich nicht mehr der gleiche Nelson, der am 04.01.2022 in Kapstadt gelandet ist und habe mich stark weiterentwickelt. Meinen gesamten Aufenthalt und meine zahlreichen Erfahrungen möchte ich zusammengefasst mit Euch teilen, um hoffentlich den ein oder anderen auch zum Volunteering zu motivieren.

    Meine Name ist Nelson Neumann und ich habe 2021 mein Abitur gemacht. Für mich war schon früh klar, dass ich nicht direkt studieren will, sondern stattdessen ein Gap -Year antrete. Nach dem Abitur habe ich mir dann Gedanken darüber gemacht, wie ich dieses Jahr am besten nutze und nicht nur rumhänge. Mir wurde ziemlich schnell klar, dass ich einen Teil des Jahres nutzen will, um mich sozial zu engagieren und habe angefangen mich in die Richtung zu informieren. Über meinen Patenonkel habe ich glücklicherweise Steffi und Thomas Curry kennengelernt. Sie sind die Vorstände vom Verein „Lebenslinien“ und engagieren sich in vielen Bereich für die Entwicklung in Süd Afrika. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden und uns überlegt, wo und wie ich am besten helfen könnte. Daraufhin haben sie mir von „Eagles Nest“ erzählt. Das „Eagles Nest“ ist ein Kindergarten und befindet sich in Grabouw, einem Township ungefähr eine Stunde außerhalb von Kapstadt. Nachdem alles besprochen war, haben die beiden nur noch mit Maria und Selwyn, den Gründern und Betreibern vom Eagles Nest gesprochen und nach ihrem OK gefragt. Alle waren einverstanden und wenige Monate später saß ich auch schon im Flieger nach Kapstadt.

    Angekommen in Kapstadt habe ich mich zuerst mit Steffi und Thomas getroffen, danach haben sie mich dann zu Maria und Selwyn nach Grabouw gebracht. Ich habe mich im Vorhinein bewusst nicht sehr viel über Grabouw informiert, um meine Reise ohne Erwartungen anzutreten. Als ich Grabouw dann zum ersten Mal sah, war es kein großer Schock für mich, die vielen Blechhütten und winzigen Häuser zu sehen. Ich hatte mich mental darauf vorbereitet, genau in so einer Hütte zu leben. Zugegeben war ich trotzdem sehr erleichtert, als ich  „Eagles Nest“ gesehen habe.  „Eagles Nest“ besteht insgesamt aus drei sehr modernen Gebäuden. In dem ersten Gebäude direkt am Eingang befindet sich das Büro und die Küche. Dahinter liegt der schöne Schulhof mit Klettergerüst, Sandkasten und Schattenplätzen, also allem was ein Kinderherz begehrt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Büros ist das zweite Gebäude. Hier befinden sich die drei liebevoll ausgestatteten Klassenräume für die Kinder. Am unteren Ende befindet sich ein schöner Bungalow. Hier leben Maria und Selwyn zusammen mit ihren vier Kindern und von nun an auch mit meiner Wenigkeit. Mein Zimmer hier war kaum anders als mein Zimmer in Deutschland und auch der gesamte Kindergarten kann locker mit den deutschen Standards mithalten. Ich wurde herzlich aufgenommen und habe mich auch mit meiner neuen Familie direkt super verstanden. Obwohl diese Situation für uns alle neu war, gab es von Anfang an keine Probleme und es kam nie zu einem Streit, durchaus aber zu viel Gelächter. Auch das gesamte Team, bestehend aus Priscilla, Mikayla, Jamie, Ernestina, Carol und Faan hat mich direkt mit offenen Armen aufgenommen und auch die kleinen Kinder haben mich schon am dritten Tag in ihr Herz geschlossen.

    Neben meiner Arbeit im Garten haben mir Maria und Selwyn auch viel Freizeit gegeben, um mir die Umgebung und vor allem Kapstadt genauer anzugucken. Auch wenn mal nicht so viel im Garten zu tun war, habe ich trotzdem versucht, die Familie so gut es geht zu unterstützen und mich als aktives Familienmitglied mit einzubringen. So habe ich dann zum Beispiel jeden Morgen meine Geschwister zur Schule gefahren und Mittags wieder abgeholt. Im Garten habe ich zusammen mit Faan gearbeitet. Er ist der Gärtner vom „Eagles Nest“ und hat mir immer genau erklärt wie ich mit den Pflanzen umgehen muss. Ansonsten habe ich versucht auch den Anderen bei jeder Gelegenheit unter die Arme zugreifen, wenn es zum Beispiel was zu schleppen gab.

    Durch viele Gespräche mit Maria und Selwyn, den Kindern und vielen Anderen hat sich meine Sicht auf Themen wie Rassismus und Gleichberechtigung sowie mein eigenes Verhalten sehr sensibilisiert. Ich habe erkannt, dass der Schmerz und das Misstrauen von Generationen teilweise immer noch tief in den Menschen verankert ist und nur durch direkten Kontakt und Gespräche gelöst werden kann. Maria und Selwyn waren immer für mich da und haben mir sehr aufmerksam zugehört, wenn ich das Gespräch gesucht habe. Sie haben mir immer geantwortet und mich nie verurteilt, falls ich mal eine andere Meinung hatte oder etwas gesagt habe, ohne vorher nachzudenken, weil ich es nicht besser wusste. Stattdessen habe sie mir mit sehr viel Liebe und Geduld immer ihre Ansicht geschildert und mir dadurch ein viel größeres Bild gezeigt. Der Weg in Richtung Freiheit, Gleichberechtigung und Gleichheit sind zwar schon auf der richtigen Spur, doch noch lange nicht abgeschlossen.

    Deswegen will ich mit diesem Bericht möglichst viele dazu ermutigen und überzeugen, Volunteering in ihr Leben einzubinden. Sei es ein ganzes Jahr oder nur drei Monate, wie in meinem Fall. Die Hauptsache ist der Austausch, der in dieser Zeit stattfindet und das Zeichen, das man setzt. Meine Aufgabe war es, für den Kindergarten einen Gemüsegarten anzulegen, damit ein stetiger Zugang zu frischem Gemüse vorhanden ist und die Kinder auch mit Pflanzen und der Natur in Verbindung stehen. Ich dachte vor meiner Reise, dass das Anlegen dieses Gartens die beste Möglichkeit meinerseits ist, wie ich die Menschen und die zukünftige Generation unterstützen kann. Ich dachte, dass nicht viel mehr dazukommt. Im Laufe meines Aufenthaltes habe ich aber gelernt, dass das Zusammenleben und der Austausch von Gedanken und Meinungen die wichtigste Rolle spielt, um die über Jahrhunderte aufgebauten Barrieren zwischen Schwarz, Coloured und Weiß einzureißen. Anfangs war ich in Grabouw eine Attraktion und wurde mit weiten Augen von überall betrachtet. Nun am Ende meiner Reise bin ich sogar per Fuß durch das Township gelaufen, habe mich ganz normal mit den Menschen unterhalten und wurde von fast jedem gegrüßt. Nicht von schwarz zu weiß, sondern von Mensch zu Mensch.

    Nichtsdestotrotz ist nicht jeder aufgeschlossen und es ist nach wie vor eine andere, eine eigene Welt mit ihren eigenen Regeln. Ich habe immer auf Maria und Selwyn gehört, war nicht fahrlässig und bin dadurch nie in eine Situation geraten, in der es brenzlig wurde.

    Ich bin unendlich dankbar für diese unglaubliche Erfahrung und kann nur jedem dazu raten.